Gib Gas - im wahrsten Sinne des Wortes Viele klagen über die gestiegenen Spritpreise. Wer sein Auto mit Gas antreibt, spart hingegen bei jeder Fahrt bares Geld. Noch sind Gas-Autos aber selten. Von Ute Kernbach
Und kost’ Benzin auch zwei Mark zehn, . . . egal, es wird schon gehen.“ So sang es Markus einst 1982. 25 Jahre später würden wir jubeln, würde der Liter Sprit nur 1,07 Euro kosten. Stattdessen bewegt sich der Preis für Diesel bei 1,35, für Superbenzin wird mitunter schon mehr als 1,50 Euro verlangt. Und wer weiß, wie hoch der Spritpreis noch steigt.
Immer mehr Autofahrer denken über andere Möglichkeiten nach. Die gängigsten sind Erdgas und Autogas, schlicht deshalb, weil diese Treibstoffe vom Fiskus nicht so stark besteuert werden. Und der Steuervorteil ist bis zum Jahr 2018 festgeschrieben. Über Erdgas-Fahrzeuge ist an dieser Stelle schon berichtet worden (F.A.Z. vom 29. September), jetzt soll es um Flüssig- oder Autogas (kurz LPG) gehen. Die Existenz zweier ähnlicher Systeme ist für die Entwicklung sehr nachteilig. Erdgas und LPG behindern sich gegenseitig, schlicht deswegen, weil der Verbraucher nicht weiß, was er wählen soll. Einiges spricht für Erdgas (CNG). Es ist ein natürliches Produkt wie Erdöl, große Vorkommen liegen in der Nordsee, es besteht somit keine so große Abhängigkeit von den Ölförderstaaten. Autogas wiederum ist ein Abfallprodukt, was bei der Gewinnung von herkömmlichen Kraftstoffen entsteht. SPG und CNG sind umweltfreundlicher als Benzin oder Diesel (es entsteht weniger CO2, wobei CNG noch umweltfreundlicher ist als LPG).
Ein gutes Dutzend CNG-Autos ist ab Werk zu kaufen, LPG (Liquified Petrol Gas) gibt es dagegen nur als Nachrüst- oder Umrüstlösung. Wer mit Autogas fährt, spart ungefähr die Hälfte der Spritkosten, nach Angaben des DVFG (Deutscher Verband Flüssiggas) mussten die LPG-Piloten in diesem Jahr durchschnittlich 64 Cent je Liter berappen. Allerdings liegt der Durchschnittsverbrauch im LPG-Betrieb um zirka 15 Prozent höher als im Benzinbetrieb. Sonst ändert sich nichts, die Motorleistung ist die gleiche, bei CNG ist sie etwas schwächer.
Ein weiterer Vorteil von LPG gegenüber CNG (Compresses Natural Gas) liegt darin, dass für LPG eine einheitliche europäische Norm für die Kraftstoffqualität existiert. Erdgas hingegen wird als L-Gas (Low Gas) oder auch H-Gas (High Gas) angeboten, dies kann zu unterschiedlichem Emissionsverhalten führen, und auch die Reichweite pro Tankfüllung ist abhängig von der Qualität des Kraftstoffs. Außerdem gibt es vor allem in den Nachbarländern (Italien, Holland, Österreich, Großbritannien) wesentlich mehr LPG-Tankstellen. In Deutschland sind es zurzeit 3000, das Netz dürfte etwas dichter sein als das für Erdgas.
Derzeit fahren nach Angaben der DVFG rund 210 000 Autogas-Fahrzeuge auf deutschen Straßen. Die steigenden Benzinpreise zeigen schon Wirkung: Wurden 2005 rund 35 000 Autos umgebaut, waren es 2006 bereits 60 000, und in diesem Jahr werden 70 000 Umrüstungen erwartet.
Umrüsten kann man jeden Wagen mit Benzinmotor, mit Ausnahme einiger Direkteinspritzermodelle. Je einfacher die Motorsteuer-Elektronik eines Fahrzeugs aufgebaut ist, desto schneller kann man auf Autogas umsteigen. Unternehmen, die Personenwagen auf Autogas nachrüsten, gibt es viele. In den Internet-Suchmaschinen ist die Auswahl sehr groß. Aber noch lange nicht jeder Anbieter ist seriös. Wie so oft im Leben sollte man sich auch hier bei der Auswahl des Nachrüsters sorgfältig informieren. Die meisten Hersteller und Importeure, die LPG-Nachrüstungen anbieten, haben dafür auch autorisierte Händler.
Was für den Umbau wichtig ist, erläutert der Autogasexperte Udo Szamatulski, Geschäftsführer der Rhein Main Automotive GmbH in Rödermark: Wichtig sei die Programmierung vom Kennfeld im Gassteuergerät, fehlendes Wissen dort bedeute kapitale Motorschäden. Die Software-Feinabstimmung sei das A und O.
Bei den Autogas-Fahrzeugen erfolgt der Antrieb wahlweise mit Flüssiggas oder Benzin. Der Gastank, der je nach Modell unterschiedlich groß ist, kann in der Reserveradmulde untergebracht werden; damit wird das Kofferraumvolumen praktisch nicht beeinträchtigt. Per Knopfdruck kann man bequem zwischen den beiden Antriebsarten umschalten. Gestartet werden muss mit Benzin, von alleine zündet das Gas nicht. Die Umrüstzeit auf Autogas beträgt zirka zwei Tage, die Kosten liegen zwischen rund 2200 und 3700 Euro für gängige Vier- und Sechszylindermodelle. Nachrüstsätze für bivalenten Betrieb bieten beispielsweise Chevrolet, Fiat, Kia, Lada, Opel, Subaru und VW an. Eine Auswahl der zurzeit „offiziell“ angebotenen Autogas-Fahrzeuge mit Verbrauchs- und Emissionswerten findet sich in der unten aufgeführten Tabelle.
Chevrolet hat seine „Autogas-Offensive“ noch bis einschließlich 31. Dezember dieses Jahres verlängert: Beim Kauf der Modelle Lacetti, Nubira Kombi, Rezzo und Epica ist die Anlage unentgeltlich, dies bringt dem Käufer einen Preisvorteil von 2410 bis 2760 Euro. Auch Subaru bietet beim Kauf eines gasfähigen Neu- oder -Vorführwagens noch bis zum 30. November einen kostenfreien Umbau an, was einem Preisvorteil von rund 2900 Euro entspricht.
Szamatulski sieht es für Autogas als weiteren Vorteil, dass die Umrüstmöglichkeiten dafür preiswerter und auch bei mehr Fahrzeugen zu verwirklichen sind als für Erdgas. „Schon bei einer Gesamtfahrleistung von rund 45 000 Kilometer, die der durchschnittliche Autofahrer innerhalb von drei Jahren zurücklegt, amortisieren sich die Einbaukosten einer Autogasanlage“, rechnet er vor.
Der Motor leide übrigens nicht unter dem Betrieb mit Gas, im Gegenteil. Da LPG besser verbrenne (es hat 110 Oktan, Superbenzin nur 95), werde der Motor sogar eher geschont. Zu berücksichtigen seien allerdings leicht erhöhte Wartungskosten, alle 30 000 Kilometer müsse ein bestimmter Filter gewechselt werden, zudem sei die TÜV-Prüfung teurer (27 Euro), weil die Gasanlage zusätzlich abgenommen werden muss.
Dennoch, vieles spricht für Autogas. Und je teurer der herkömmliche Kraftstoff wird, desto stärker steigt die Nachfrage nach LPG.
Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 17.11.2007 Seite 52
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