Peachtree Nova: ein Vollverstärker, der Kompromisse veredeln kann
Die Verfechter schönen HiFi-Klangs haben mindestens so große Nachwuchssorgen wie der Motorradhandel. Die Computer- und Telekommunikationswelt hält junge Leute heute so gefangen, dass die Bikes ebenso das Nachsehen haben wie der von entsprechend hochwertigem Gerät servierte Ohrenschmaus. Datenreduzierte Musiksoftware beherrscht die Szene, Festplatten und USB-Speicher dienen als Vorratslager von Klängen, die bei High-Endern Kopfschütteln provozieren. Doch es gibt Brücken zwischen diesen Kontinenten. Eine davon heißt, poetisch genug, Peachtree Nova, stammt aus Amerika (und, was die Fertigung betrifft, aus China) und will das digitale Prekariat mit der akustischen Wohlhabenheit verwöhnter Ohren versöhnen.
Technisch gesprochen, ist der Nova nichts anderes als ein Zwei-Kanal-Vollverstärker. Er sieht aber so ganz anders aus als die übliche HiFi-Architektur: kein eckiger schwarzer Kasten, sondern ein wohlgerundetes Ding mit tadellosem Außenfinish. Das 36 Zentimeter breite hölzerne Gehäuse rings um die Aluminiumfront ist in zwei verschiedenen Furnieren oder Schwarz Hochglanz zu haben. Vorn neben dem Lautstärkesteller (fernbedienbar wie die anderen Funktionen des Pfirsichbaums) der Netzschalter und nicht weniger als acht Knöpfe zur Quellenwahl sowie ein Fensterchen, hinter dem man unschwer eine Elektronenröhre erkennt. Hinten eine sauber gekennzeichnete An-schlussvielfalt mit ordentlichen Cinch- und optischen Buchsen, dazu solide Lautsprecherklemmen, ein Stereoausgang für einen Subwoofer oder eine externe Endstufe und ein mit einer Platte verschlossenes Loch, auf das wir noch zu sprechen kommen.
Die Mission des Nova wird schon an der Frontbeschriftung deutlich: Nur drei von acht Eingängen betreffen analoge Zuspieler (darunter einer, der direkt zur Endstufe weiterführt), die anderen warten auf digitale Kost, die auch über eine USB-Buchse Zugang hat. Dekodiert werden fast alle gängigen Formate, neben MP3 und MP4 auch WAV, Apple Lossless und andere. Die Röhre gehört zum Vorverstärkerzweig (die auch einen anspruchsvollen Kopfhörer-Röhrenverstärker umfasst) und soll hier mit einer Prise harmonischen Klirrs für mehr musikalische Wärme sorgen; zugunsten höherwertigen Quellmaterials lässt sie sich auch umgehen. Die Endstufe liefert 2 × 70 Watt an 4 Ohm und kann so auch leistungshungrige Lautsprecher versorgen. Der streuarme Ringkerntransformator ist kräftig dimensioniert (der Nova wiegt nicht zuletzt deswegen 13,5 Kilogramm), das Netzkabel ist abnehmbar – im High-End-Bereich ein Muss, damit man auch hier die freie Wahl hat. Im Signalweg arbeitet ein 24-Bit-Digital-Analog-Wandler erster Qualität von ESS Sabre, dem sagenhafte 122 Dezibel Rauschspannungsabstand und totale Abwesenheit von Jitter (digitalen Verzerrungen) attestiert werden. Damit ist der Nova natürlich Billig-Wandlern im Konsumbereich so haushoch überlegen, dass man ihn an solche Quellen, auch wenn die Wahl besteht, jedenfalls digital anschließen sollte. Mit Knopfdruck kann man zwischen zwei Digitalfiltern mit den Charakteristiken "langsam" und "scharf" wählen.
Jetzt aber zum Klang des Peachtree. Nach kurzer Einspielzeit probierten wir ihn zuerst mit den kleinen Boxen ds 4.5 aus, die – auch optisch passend – zum Nova angeboten werden (Paarpreis 600 Euro). Es sind Zwei-Wege-Systeme mit einer 2,5-Zentimeter-Textilkalotte für die hohen Frequenzen und einem 10-Zentimeter-Konustieftöner. Nach recht kurzer Einspielzeit ging das Gespann erfreulich zur Sache: Mit vollwertigem Musikmaterial war das keine Überraschung – hier stellte sich der Nova mehr als Klanggourmet denn als Analytiker vor –, doch wie er die Zusammenarbeit mit iPod (analog angeschlossen), MP3-Spielern (über USB), Satellitenradio (über einen koaxialen Digitaleingang) und Computer-Festplatte (USB, kein Treiber erforderlich) gestaltet, das war schon besonders hörenswert. Hier zeigt er tatsächlich sein Talent, aus datenreduziertem Material oder mit minderwertigen Wandlern gestraften Quellen ein Maximum an Klang herauszuholen. Ob man dabei die Röhre (per Fernbedienung) einschaltet oder welchen Filter man wählt (an der Geräterückseite), ist Geschmackssache; gewaltig sind die Unterschiede jeweils nicht, doch durchaus hörbar. Die nur 22 Zentimeter hohen Böxchen stehen dabei wacker ihren Mann, mit einem achtbaren Bass und gut durch-gezeichneten Höhen. Wir haben den Nova aber auch mit größeren und teureren Lautsprechern zusammengebracht: Hier hält er mit anderen Vollverstärkern seiner Preisklasse mühelos mit.
Nicht zuletzt die luxuriöse Wandler-Sektion des Nova rechtfertigt seinen Preis von rund 1300 Euro, aber auch seine sonstige technische Ausstattung und sein ansprechendes, wohnzimmergerechtes Aussehen. Und da kommen wir noch einmal auf den Schacht an seiner Rückseite: Er ist eine Frucht der Sympathie zwischen Peachtree Audio und Sonos, dem kalifornischen Spezialisten für hochwertige kabellose Mehrraum-Anlagen (Technik und Motor vom 29. September), und kann ein Zone-Player-Modul Z80 oder Z90 aus dessen Programm unsichtbar aufnehmen, so dass sich die Außenstellen einer Sonos-Anlage optisch auf das Nova-Gehäuse reduzieren lassen. Ob mit oder ohne Sonos – der Nova (und sein rund 900 Euro kostender, äußerlich gleicher Bruder Decco II, der nur sieben Eingänge hat und 2×40 Watt leistet) hat das Zeug dazu, dem weniger anspruchsvollen Zweig der Digital-Szene die Tür zur High-End-Welt wenigstens ein Stückchen zu öffnen. Wer davon Gebrauch macht, dessen Ohren werden es nicht bereuen. Gerold Lingnau
Vertrieb: Robert Ross Audiophile Produkte GmbH, 85095 Denkendorf, Telefon 0 84 66/90 50 30, www.peachtreeaudio.de.
Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 27.10.2009 Seite T2