Fremde Federn: Robert B. Goldmann
Wenn auch die Umfragezahlen leicht gefallen sind, bleibt Präsident Obama beliebt, und das gilt nicht nur für Amerika, sondern auch für das Ausland. In linksliberalen Kreisen Amerikas wäre es geradezu Majestätsbeleidigung, sich negativ über ihn zu äußern.
Nach den acht Bush-Jahren hat Obama zugunsten Amerikas viel erreicht. Sein Charisma ist unbestreitbar, seine Familie bereichert diese Ausstrahlung, und auf seinen Reisen hat der Präsident die Interessen der Vereinigten Staaten verteidigt, ohne dabei provozierend zu wirken. Aber es hapert an konkreten Ergebnissen, sei es im Blick auf das iranische Nuklearprogramm oder im Nahostkonflikt: Hier hat Obama Israel deutlich gemacht, was er fordert; von den Palästinensern und arabischen Ländern, die hilfreich sein könnten, hat er dagegen wenig verlangt.
In Russland gab es ein freundliches Gespräch mit Präsident Medwedjew, aber die Unterredung mit Ministerpräsident Putin verlief gespannt. In Italien hat sich die G8 in der Klimapolitik auf bescheidene Richtlinien geeinigt, ist aber in Wirtschaftsdingen nicht weitergekommen. In Ghana verurteilte der Präsident mit klaren Worten Korruption und Diktatur in Afrika.
Was Bush zu viel und zu oft tat – die Demokratie zu preisen und sie Ländern mit anderer politischer Kultur dringend zu empfehlen –, tat Obama zu wenig. Klare Äußerungen fehlten nicht nur gegenüber der Verzögerungstaktik Teherans, sondern auch zur brutalen Niederschlagung der Demonstrationen in den Städten Irans gegen das Ergebnis der Präsidentenwahl.
Innenpolitisch kommt die Regierung nur schwer voran. Die vielen Milliarden des Konjunkturpakets zeigen nach fünf Monaten enttäuschende Ergebnisse. Die von Obama als höchste Priorität geplante Reform des Gesundheitswesens wird bescheidener ausfallen, als es der Präsident geplant hatte. Die Arbeitslosigkeit steigt unerbittlich, Washington ist jetzt Hauptaktionär von General Motors, und die Börsenkurse dümpeln dahin. Beunruhigend ist der steigende Schuldenberg, der weitgehend von China finanziert wird.
Obama hat erstklassige Mitarbeiter und Berater, und er selbst strahlt Zuversicht aus. Aber man fragt sich, ob er nicht mehr erreichen könnte, wenn er nicht alle Probleme gleichzeitig in Angriff nähme.
Schließlich sollte sich Obama Gedanken über die eine Woche lang fast ununterbrochene Beschäftigung der Medien mit Michael Jackson machen. Es ist an der Zeit, dass er gegen die Infantilisierung dieser Gesellschaft das Wort ergreift. Es ist ein Missverhältnis, dass endlos über den "König des Pop" berichtet wird, während über den Einsatz amerikanischer Soldaten in Afghanistan kaum öffentlich diskutiert wird. Der einflussreichste Präsident seit Franklin Roosevelt hat auch die Pflicht, dieser Generation zu erklären, dass sie sich auf lange Zeit schwerwiegenden Herausforderungen stellen muss. Ohne Ernst und Verantwortung geht das nicht.
Der Autor ist freier Journalist und lebt in New York.
Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 27.07.2009 Seite 8